hgl_166

Morgen anfangen

  1. Juni 1912 Nichts geschrieben.
  1. Juni 1912 Heute nichts geschrieben. Morgen keine Zeit.
  1. Juni 1912 So lange nichts geschrieben. Morgen anfangen.

^Franz Kafka: Tagebücher[1]^

Der Inhalt des Eintrags vom 10. Juni 1912 wird uns leider vorenthalten. Man könnte einige Möglichkeitsräume durchschreiten: im einen, im HGL-Universum nicht ganz unbekannten, ähnelt der nächste Eintrag dem vom Vortag, ergänzt um ein gewissenbeißendes «endlich» oder vergleichbare Knurrer und Kläffer. Im nächsten wird er nicht geschrieben, Tage später erfolgt ein Eintrag: «Vergessen zu schreiben. Keine Lust. Zu viel liegengeblieben.», und darauf: «Zwei Tage geschrieben, alles andere ignoriert. Übermüdet.» In einem weiteren, erheblich wahrscheinlicheren Möglichkeitsraum werden wir aber stattdessen tags darauf Anfänge von Geschriebenem vorfinden. Vielleicht fragmentarisch und unfertig, aber immerhin, trotzdem: ein Anfang. Der wesentliche Schritt aus dem alles weitere folgt. Und ein wahres Kleinod in der Selbstüberredungstrickkiste: Fertiges ist stets nur eine Folge des Anfangens, des immer wieder Anfangens.

fn1. Danke, DUMMY Nr. 16.

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