hgl_164
Lob der Lobkultur II
Es gibt ja doch Hoffnung in Deutschland. Es gibt durchaus Deutsche, die - jenseits des Planeten HaGeL (oder?) - die Vorzüge des Lobens erkannt haben und nutzen. So sagt zum Beispiel die liebe Frau Kathrin Passig über das Blog Riesenmaschine, an dem sie selbst beteiligt ist:
An der Riesenmaschine ist für mich das weltverbessernde Element, dass ihre Aufgabe explizit im Loben liegt. Wenn etwas besser wird, dann loben wir das. Und wenn es zumindest nicht schlechter geworden ist, dann auch. Das wird gern als Satire missverstanden, ist aber ernst gemeint. (»Blogsprechstunde«, Mrz. 07)
Das loben wir sehr! Und wir hoffen, dass die Riesenmaschine, zumindest in dieser Hinsicht, Vorbild wird für viele. Denn Loben, echtes Motivationsförderungs- und Klimaverbesserungs- und Lebensverschönerungs-Loben, ehrliches Loben von anerkannt lobqualifizierter Seite aus - das überhaupt gar nichts mit Klagegoetzschem Lobnuttentum gemein hat - ist in Deutschland viel zu selten.
Es ist so selten, dass die Leute von Gemutlichkeit.de schon seit längerem versuchen, einen alten pädagogischen Kulturtrick - das Fleißkärtchen oder Lobstempelchen - mit einem alten psychohygienischen Kulturkniff zu verbinden, dem Selbstlob.[1]
Zu diesem Zweck reanimierten sie den wirklich schönen Bienchenstempel, gängiges Lobwerkzeug in den Grundschulen der DDR, und funktionierten ihn zum Selbstlobwerkzeug um. Um die Salonfähigkeit des Selbslobbienchens zu begründen, schreiben die lieben Leute von Gemutlichkeit:
Sie arbeiten, sind fleißig, artig und gut und niemand honoriert es! Seit Ihrer Grundschulzeit kam kein Zeichen der Anerkennung. Uns ist das Problem leider nur zu gut bekannt - und deshalb haben wir Abhilfe geschaffen! In den Grundschulen der DDR wurde Kindern, die besonders artig oder fleißig waren, ein rotes Bienchen ins Heft gestempelt. Den meisten unserer Bürger, die zu DDR Zeiten in dieser zur Schule gingen, ist dieser Stempel bekannt. (Gemutlichkeit: Bienchen stempeln)
Wunderbar. Dieses Bienchen ist ganz sicher fähig, die Atmosphäre im innerlichen Privatsalon eines jeden HaGeL::Geistes deutlich zu verbessern. Das loben wir ganz ohne Vorbehalt. Es kann auch funktionieren. Wenn man den selbstbezüglichen Einsatz dieses Stempels gut zu dosieren und sinnvoll zu gestalten weiß. Es müssen auch gar nicht unbedingt gestempelte Bienchen sein. Aufgeklebte Herzchen tun es ganz genau so gut, wenn die Lob-Bestimmung stimmt und die Lob-Bedingungen klar und deutlich aufgeschrieben sind.
Frau Chaosqueen, eine Bloggerin klar vom Planeten HaGeL, hat diesen sehr schönen Herzchenkalender des motivierenden und Stimmung aufhellenden und Leben verbessernden Selbstlobens erfolgreich erfunden und erprobt:
Das ist mein Schreibkalender. Für jeden Tag, an dem ich mindestens 1667 Wörter geschrieben habe, habe ich ein kleines Herz aufgeklebt, für jeden, an dem ich mindestens 2500 Wörter geschafft habe, ein mittleres. Das große habe ich mir für das Erreichen der 50.000 aufgehoben, und wie man sieht, habe ich es gestern dann wirklich aufkleben dürfen. (Chaosqueen: NaNo-Bericht #9, Dez. 07)
Herzlichen Glückwunsch und herzliches Lob, unbekannter Weise, liebe [Chaosqueen]::http://www.chaosalive.blogspot.com/ und vielen Dank für das Herz erfrischende und den HaGeL-Geist beglückende netzöffentliche Teilen Ihrers erfolgreichen Selbstlob-Kalenders. Lob ist ja doch, genau wie Hoffnung wohl, so eine Sache, die sich vermehren kann, wenn man sie richtig teilt.
fn1. Das Wort »Selbstlob« klingt leider allgemein leicht unanständig. Aber doch nur deshalb, könnte man meinen, weil man dabei allgemein sofort eine aufdringliche Klagegoetzsche Selbstlobnutte im Sinn hat, von der sich zu trennen sich man allgemein anscheinend nicht so leicht imstande sieht.
[ Vgl. hgl_142 (I) ]